In Kloten wird der schweizweit grösste Eisspeicher gebaut. Das Heizsystem nutzt einen verblüffenden physikalischen Effekt und ist sehr effizient.
Im Zentrum von Kloten wächst ein Gebäudekomplex mit Hotel, Detailhändler und über 90 Wohnungen in die Höhe. Vor dem Baustart im letzten Frühling wurde eine riesige Grube ausgehoben. Diese dient nicht nur der Erstellung einer Tiefgarage, sondern gleichzeitig wurde daneben ein Betontank eingebaut, der 1,8 Millionen Liter fasst – fast so viel wie ein 50 Meter langes Schwimmbecken. Dabei handelt es sich um einen sogenannten Eisspeicher, der fürs Heizen und Kühlen gebraucht wird.
Das Projekt in Kloten ist in der Schweiz bis anhin das grösste. Die Funktionsweise gleicht im Prinzip den Systemen, bei denen die Wärme von Grund- oder Seewasser genutzt wird: Im Wasser werden spiralförmige Kunststoffrohre verlegt, in denen ein Gemisch mit einem Frostschutzmittel zirkuliert. Eine Wärmepumpe entzieht dem Wasser über die Spiralen Energie und bringt sie auf die auf die nötige Temperatur fürs Heizen.
Sinkt die Wassertemperatur im Tank auf null Grad Celsius, beginnt das Wasser rund um die Rohre zu gefrieren. In diesem Moment profitiert das System von einem physikalischen Effekt: Obwohl die Temperatur während des Kristallisationsprozesses bei null Grad bleibt, wird so viel Wärme frei, wie wenn Wasser von 80 auf 0 Grad abkühlt.
In einem durchschnittlichen Winter würde der Gefrierprozess wohl etwa im Dezember beginnen, sagt Kristopher Heimgartner von der Firma Wirkungsgrad Ingenieure, die den Klotener Eisspeicher projektiert hat. «Je kühler die Aussentemperaturen, desto stärker werden die Wohnungen und Betriebe geheizt und desto früher entsteht Eis.» Hat sich rund um die Rohre eine 20 bis 25 Zentimeter dicke Eisschicht gebildet, kommt die Wärmepumpe an ihre Grenzen. In Kloten sollen die Spitzen in einem strengen Winter mit einer Gasheizung abgedeckt werden. Häufig werden Eisspeicher aber auch mit Holzpellet-Heizungen kombiniert.
Damit dieser Punkt möglichst selten erreicht wird, heizt das System das Wasser im Tank kontinuierlich wieder auf und das Eis taut wieder ab. Weil der Behälter kaum isoliert ist, passiert dies bereits zu einem kleinen Teil über das Erdreich. Zudem erzeugt eine Kombi-Solaranlage auf dem Dach gleichzeitig Strom und Wärme.
Und auch die Abwärme der Hotelküche und des Ladens wird teilweise in den Eisspeicher geleitet. «In diesen Betrieben gibt es diverse Kühlgeräte, die Abwärme erzeugen», erklärt Heimgartner. Eisspeicher-Systeme würden sich besonders für Gebäude eignen mit Betrieben, in denen Abwärme entsteht. Das System sei sehr ausgeklügelt, sagt der Gebäudetechniker: «Eine reversible Wärmepumpe bestimmt, ob die Wärme direkt genutzt oder zum Eisspeicher geleitet wird.»
Der Bau eines Eisspeichers ist teuer und benötigt Platz. Die Technik kommt vor allem in Gebieten zum Einsatz, in denen Erdwärmesonden oder die Nutzung des Grundwassers nicht möglich sind. Sie verbraucht aber weniger Strom als gewöhnliche Wärmepumpen, welche die Energie aus der Luft holen. In Kloten wird sich das System zum ersten Mal im übernächsten Winter bewähren müssen.