Die Rückkehr der Störche

2023-03-23 17:48:53 By : Mr. Charlie luo

Sie waren Pioniere in der Wiederansiedelung der Störche in der Niddaaue: der schon verstorbene Hermann Hartmann aus Nieder-Florstadt und der Nieder-Mockstädter Helmut Merz. Schon in den 1990er Jahren begannen sie, ihre Visionen für die Rückkehr von Meister Adebar umzusetzen. Ein Rückblick.

Kinder in der Wetterau kennen sicherlich den Anblick von Störchen in den Flussauen. In regelrechten Scharen fallen sie auf Nahrungssuche über gemähte Wiesen und frisch bearbeitete Felder her. Das war nicht immer so. Es gab auch eine düstere Zeit ohne Störche in der Niddaaue zwischen Florstadt und Ranstadt. Um das zu ändern, hatten damals zwei Männer mit Visionen die Ärmel hochgekrempelt: der Nieder-Florstädter Hermann Hartmann und Helmut Merz aus Nieder-Mockstadt.

Anfang der 1990er Jahre hatten beide nicht nur eine Vorreiterrolle in der Konstruktion von Nisthilfen für Storchenhorste übernommen, sie leisteten auch auf anderen Ebenen wahre Pionierarbeit. Ihrer Beharrlichkeit, die beiden zum Teil auch Hohn und Spott einiger weniger Mitbürger einbrachte, verdankt Nieder-Mockstadt ein Feuchtbiotop, das seiner Zeit Modellcharakter für ganz Hessen hatte. Und zwar eine groß angelegte Baumaßnahme zur Wiedervernässung der Wiesen in der Niddaaue, die sogar Pilotfunktion für viele ähnliche Maßnahmen hatte und bis in die heutige Zeit hat.

Schon immer habe es ein Storchenpaar auf dem landwirtschaftlichen Anwesen der Familie Ulrich gegeben, erinnerten sich ältere Menschen. Doch ab 1969 blieb das Nest plötzlich leer.

Als Ursache für das Fernbleiben waren schnell der entstandene Nahrungsmangel ausgemacht. Und die Modernisierung der Wohnhäuser: Deren Abwässer wurde über Klärgruben in die Kanalisation geleitet, die unmittelbar hinter der Ortslage in Gräben mündete. Diese führten dann zur Nidda hin.

Parallel dazu wurde von den Landwirten eine intensive Wiesen- und Ackernutzung betrieben. Gräben wurden begradigt und in Betonschalen gelegt. Als Folge wurde die Niddaaue zwischen Staden und Ober-Mockstadt immer trockener und das Nahrungsangebot für Störche nahm immer mehr ab.

Auch wenn sich die Ausgangslage Anfang der 1990er Jahre mit Kläranlagen in Ranstadt und Nieder-Florstadt gebessert hatte: Es waren viele storchenfreie Jahre bis sich erst 1992 für etwa zwei Wochen ein Storch auf einem der Flutlichtmasten am Sportplatz Nieder-Mockstadt einquartierte. Kein idealer Platz, dachte sich Helmut Merz, und schon war die Idee eines »Kunsthorstes« mit einer Nestplattform auf einem Holzmast geboren. Die Initialzündung für Merz.

Der gelernte Schlossermeister nahm Kontakt zur Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON) in Frankfurt auf. Doch dort konnte ihm niemand Informationen über Storchennestkonstruktionen geben.

Merz einigte sich mit Hartmann auf einen Durchmesser von 1,44 Meter - dem Maß der alten Wagenräder - und schweißte im Winter 1992/93 drauflos. Für die Errichtung eines Holzmastes nahm man Kontakt zur Ovag auf, und im im März 1993 wurde das inzwischen verzinkte und Dank Gerhard Erk mit einem Weidengeflecht versehenen Storchennest am Sportplatz errichtete.

Die unmittelbare Wiederansiedelung von Meister Adebar blieb jedoch aus; die Nestplattform in luftiger Höhe allein reichte also nicht aus.

Das Initiatorenduo musste also seinen Horizont erweitern und plante zur Verbesserung des Nahrungsangebots die Vernässung der Wiesen mit einem Bohlenwehr sowie die Anlage eines Feuchtbiotops. Sie fanden eine geeignete Wiese im »Ochsenstumpf«. Über Kontakte zu den Stadener Teichbauern Erich Opper und Willi Kalbhenn, den Naturschutzfachmann Karl Winther aus Altenstadt sowie Ralf Eichelmann von der Unteren Naturschutzbehörde nahmen die Planungen schließlich Fahrt auf.

Der Erfolg gab den Initiatoren recht. Heute tummeln sich so viele Störche wie nie zuvor in diesem Areal. Hier wurden 2020 immerhin 21 Jungvögel gezählt, in diesem Jahr sogar deren 29. Im gesamten Wetter-aukreis registrierte man 2021 die stolze Zahl von 168 Brutpaaren (Vorjahr 137) mit etwa 400 Jungtieren und somit mehr als in der Glanzzeit der 1960er Jahre.